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    Lebenszeugnis Evelyn B.

    Zum Leben berufen

    Evelyn B., *1962

    Es ist nun schon einige Jahrzehnte her, seit ich zu meinem ersten Leben auf diese Welt berufen wurde. Es sah ganz danach aus, dass dieses Leben schon sehr früh wieder enden sollte, denn ich wurde im Säuglingsalter von einer schweren Krankheit heimgesucht. Die Ärzte machten meiner Mutter keinerlei Hoffnung. Doch es kam alles anders. Gott stand mit SEINEM Ja-Wort zu mir, und nach diesen anfänglichen Schwierigkeiten begann mein zweites Leben. Die Pfarrchronik meines Heimatortes in Thüringen zeugt davon: Ich war ein sehr aktiver Gottesdienstteilnehmer. Dort kann man lesen: „ Evelyn B., zwei Jahre, stört sehr.“ Welcher Pfarrer würde heutzutage noch so etwas aufzeichnen ...? 
    Mit der Zeit vergrößerte sich die Geschwisterzahl, und in unserer Familie wurde es immer lebendiger. Wir lebten als christliche Familie, zusammen mit wenigen anderen Familien, als kleine Diasporagemeinde in der damaligen DDR. Zum Religionsunterricht wurden wir mit dem Trabbi von den verschiedenen Dörfern eingesammelt. Das Leben war noch nicht durch Kindersitze „eingeengt“, und so waren die beliebtesten Plätze des Autos im Kofferraum. Die uns abholte, war die damalige Leiterin der Gemeinschaft des Säkularinstitus St. Bonifatius in der DDR.


    Katholisch oder kommunistisch? Lebens-Räume in der Kindheit

    Für uns Kinder wurde es aber manchmal „eng“, wenn es darum ging, in der Schule unser Leben zu meistern. Nicht nur einmal hatten wir in unserer Familie den Schuldirektor „zu Gast“. Er meinte, meinen Eltern beibringen zu müssen, wie sie aus uns Kindern lebenstüchtige Kommunisten machen können. Für uns führten diese Angebote aber nicht ins Leben. Wir fanden uns in den Freiräumen, die uns in unserer Pfarrgemeinde gegeben wurden. Hier lebten mit uns zusammen die Frauen des Säkularinstitus St. Bonifatius. Und öffneten uns Lebens-Räume, im wahrsten Sinn des Wortes. Ein solcher Raum wurde nach einigem Suchen auch Lebens-Raum für mich. Ehe aber die Entscheidung feststand, mich dem Institut St. Bonifatius anzuschließen, fuhr ich als Teenager zusammen mit meiner Freundin alle in der DDR lebenden Klostergemeinschaften ab, um nach dem Ausschlussprinzip den für uns möglichen Lebensweg zu finden. Mit unseren großen Koffern haben wir sicher bei der einen oder anderen Schwester falsche Hoffnungen geweckt! Am Ende blieb dann für mich das Institut St. Bonifatius übrig – was ich eigentlich schon vorher wusste...


    Plötzlich war alles anders ...

    Mit dem Eintritt begann ein neues Kapitel des Abenteuers „Leben“. Ich habe es nie bereut, dieses Abenteuer mit Christus. ER lädt ein, führt, stellt in bestimmte Situationen und erwartet von mir, jeden konkreten Tag nach SEINER Art zu füllen. So etwas geht am Besten, wenn man Gleichgesinnte an der Seite hat. Die ersten Jahre meines Lebens in der Gemeinschaft waren eher ruhig. Bis dann die Wende kam und meine Mission in der Tschechischen Republik begann, ohne Sprache, ohne Erfahrung, aber mit guter Rückendeckung der Gemeinschaft. Der Weinberg Gottes war, dank der 40-jährigen Verfolgung der Kirche in diesem Land, zum Steinbruch geworden. Und so begannen wir, zusammen mit einem einheimischen ständigen Diakon, „ Steine wegzuräumen, zu pflanzen, zu gießen... bis der Garten wieder zu blühen anfing.“ 


    Das nenne ich leben!

    Auch heute, nach fast 25 Jahren, gibt es unzählige Orte, an denen immer noch nur Steine sind. Während meiner Mission habe ich viele Berufe ausgeübt und finde auch heute noch jeden Tag neue Möglichkeiten. Die Palette reicht vom Müllmann, über die Putzfrau zum Kirchenbauer, von der Verwaltungsangestellten über die Lehrerin bis zum Verkünder im Wortgottesdienst, von der Köchin und Kellnerin zur Abwaschfrau. Auch der Taxichauffeur ist dabei, der Dolmetscher, der Reiseführer, nicht zu vergessen die „Aushilfsmutter“,... und, und, und.... Jeder Tag ist neu, manchmal aufregend, lebenswert, nie langweilig, gefüllt mit Freude und Tränen, Ratlosigkeit, Zorn und Versöhnung, Hingabe, Glück oder Dankbarkeit. Und das schon fast 25 Jahre lang. Das nenne ich L(l)eben!
    Nur einen Fehler hatte die ganze Sache. Meinen Traumberuf, Hebamme, konnte ich nie erlernen. Oder vielleicht doch? Nur eben anders.
    Und ehe dann das ganz große Leben beginnt, kann ich jeden Tag voll Dankbarkeit sagen: „Aus SEINER Fülle haben wir empfangen, Gnade über Gnade.“
    (Johannesevangelium 1,16)